Argumente für den Verbleib der Weidetiere – Handlungsmaßstab bleibt Weltcharta der Natur der Vereinten Nationen
Geschrieben:Stellungnahme zur Aufforderung des Bauamtes Melle zur Umsiedlung der Weidetiere von der Gnadenhoffläche Westerhausen – Unser Handlungsmaßstab und Orientierungsrahmen bleibt insbesondere
die Weltcharta der Natur der Vereinten Nationen von 1982 (neben vorhanden Gesetzen und Verordnungen) – Juristische Prüfung läuft – Tiere hecken etwas aus
Argumente für den Erhalt einer Tierbeweidung in Melle/Westerhausen:
• Sämtliche Anrainer (bis auf eine Partei) haben sich für den Verbleib der Tiere ausgesprochen (Unterschriftenliste)
• Im „Allgemeinen Wohngebiet“ keine Tierhaltung erlaubt aufgrund von Emissionen. Aber: Hinterlassenschaften der Tiere werden regelmäßig abgeäppelt. Und „Lärm“ kann bei dem Vergleich Bahnlinie vs. Tiere eigentlich keine Rolle spielen.
Sehr wichtig auch in diesem Zusammenhang: Erhalt des Meller Klimaschutzpreises 2017 (Platz 3) für unser Konzept der Wiederverwertung der „Tierhinterlassenschaften“ (Vermeidung von Treibhausgasen (insbes. Distickstoffmonoxid und Methan), Vermeidung von Nitraten im Grundwasser): Sehr wichtig, da gerade heute Entscheidung des Europäischen Gerichtshof gefallen ist (http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/nitrat-im-grundwasser-eugh-verurteilt-deutschland-a-1214152.html)
• Tiere sorgen für Ruhe und Abwechslung; zudem „Kulturgut“ einer ländlichen Region
• Extensive Beweidung fördert Wildblumenwuchs und Ansiedlung bestimmter Wildbienen (Wissenschaftliches Projekt gemeinsam mit der Heinz-Sielmann-Stiftung, eine Untersuchungsfläche befindet sich in dem relevanten Bereich und profitiert maßgeblich von der Tierbeweidung)
• Tiere brauchen Auslauf. Alternativfläche ist zu klein.
Grundsätzlich: Gute Zusammenarbeit mit Stadt (Umweltamt und Bauamt (z.B. ehrenamtliche Pflege von Blühwiesen durch uns + Beratung, evtl. Einsatz unserer Tiere für Extensivierung städtischer Flächen)). Stadt hat sich immer korrekt und auch durchaus kulant verhalten (Duldung von Bauwagen und Stall). Gute Zusammenarbeit bei der Anlage der Feuchtbiotope in Melle/Oldendorf (Zusammenarbeit mit Torben Fuchs).
Fakten: Bauwagen und Stall werden diesen Sommer von uns in Westerhausen entfernt, da wir akzeptieren, dass es für diese Objekte scheinbar keine Genehmigung geben kann (dieses wurde auch von unseren Anwälten so in der ersten Einschätzung bestätigt). Somit setzen wir den Wunsch der Stadt um.
Aber: Unsere Anwälte haben in ersten Treffen eine andere juristische Einschätzung der baurechtlichen allgemeinen Situation gegeben (z.B. Alternativen der vorhandenen Stallungen, Tierhaltung in dem Gebiet). Dieses wird jetzt intensiv geprüft, um dann evtl. noch einmal das Gespräch mit dem Bauamt der Stadt zu suchen.
Sollten unsere Anwälte zur selben Einschätzung kommen, wie die Stadt, so werden deren Forderungen natürlich umgesetzt. Von den Ergebnissen unserer Anwälte und dem Dialog mit dem Bauamt der Stadt wird aber auch abhängig sein, ob die vorhandenen Instrumente der lebendigen Demokratie (juristische Meinungsverschiedenheit vor Gericht, intensive Öffentlichkeitsarbeit auf verschiedenen Ebenen) ausgenutzt werden. Unsere Tiere stecken die Köpfe zusammen und hecken etwas aus.
Weltcharta für die Natur der Vereinten Nationen wichtiger Orientierungsrahmen
Wesentlicher Handlungsmaßstab für uns sind, neben den vorhanden Gesetzen und Verordnungen (z.B. Bauordnung), auch und insbesondere:
Weltcharta für die Natur (1982) sowie die Lokale Agenda 21
Dieser Verhaltenskodex (Weltcharta für die Natur) ist weltweit eine juristische und insbesondere moralische Orientierungshilfe für unterschiedliche Umwelt- und Naturschutzgruppen. In unterschiedlichen Rechtsprechungen hat dieser Kodex bereits Berücksichtigung und Beachtung gefunden.
Abschnitte 21-24 der Charta berechtigen ausdrücklich auch (und sogar) Privatpersonen, im Namen der internationalen Schutzgesetze zu handeln und diese Durchzusetzen.
23. Jeder Einzelne hat, im Einklang mit der nationalen Gesetzgebung, die Möglichkeit, bei Entscheidungen, die seine Umwelt direkt betreffen, individuell oder gemeinsam mit anderen, mitzubestimmen. Es besteht darüber hinaus ein Anspruch auf Schadenswiedergutmachung, sollte der Umwelt erheblicher Schaden oder anderweitige Beeinträchtigung widerfahren sein.
24. Jedem Einzelnen obliegt die Pflicht, entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen der Charta zu agieren – individuell, im Zusammenschluss mit anderen oder durch Teilnahme an politischen Aktivitäten ist jedermann dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass die Ziele und Anforderungen der Charta umgesetzt werden.
Hintergrund:
Im Oktober 1982 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen nach über zwei Jahren Beratung eines vom UN-Umweltprogramm erstellten Entwurfes die “ Weltcharta für die Natur“ (Beschluss A/RES/37/7). Diese „Weltcharta für die Natur“ ist ein Verhaltenskodex zur Behandlung der natürlichen Reichtümer auf Weltebene und fordert umfangreiche Maßnahmen für den Schutz und die Erhaltung natürlicher Lebensräume.
Die Weltcharta enthält fünf Grundprinzipien:
1. Respekt vor der Natur und keine Beeinträchtigung ihrer grundlegenden Prozesse
2. Erhalt der genetischen Lebensfähigkeit, Erhalt der Arten, Erhalt ihrer Lebensräume
3. Erhalt einzigartiger Gebiete und u.a. der Lebensräume seltener oder gefährdeter Arten
4. Erreichen und Erhalten der optimalen dauerhaften (sustainable) Produktivität der vom Menschen genutzten Ökosysteme und Lebewesen, ohne die Unversehrtheit anderer Ökosysteme oder koexistierender Arten zu gefährden
5. Schutz der Natur vor Zerstörung durch Kriegführung oder feindliche Aktivitäten .
Zur Umsetzung sieht die Weltcharta vor:
• Die in der Charta niedergelegten Grundprinzipien sollen sich in Gesetz und Praxis eines jeden Staates widerspiegeln, ebenso auf internationaler Ebene.
Im letzten Punkt der Charta (24.) wird noch einmal die Verantwortung des Einzelnen für die Umsetzung der Ziele und Erfordernisse der Weltcharta für die Natur herausgestellt:
Each person has a duty to act in accordance with the provisions of the present Charter; acting individually, in association with others or through participation in the political process, each person shall strive to ensure that the objectives and requirements of the present Charter are met.