Pressemeldung zum Weltbienentag
Geschrieben:

Noch 14 Tage bis zur Fertigstellung…🌞☺️🐾🐀🌼🌻🌺🌹🌷💐🐚🌾🌻🦅🦆🦄🐝🐛🦋🐌🐞🐞🐞🐞🐞🐞🐜
20. Mai 2020 (UN-Weltbienentag): Fertigstellung des Bundesweit ersten Blühwiesenkorridors zwischen Melle und Hagen a.T.W. (35 Kilometer)
Pressemeldung:
Der „Lückenschluss“ des Blühwiesenkorridores findet am 20. Mai 2020 (UN-Weltbienentag) in Melle/Oldendorf, 16.00 Uhr, Vinckenaue (hinter dem „Assmann-Parkplatz“) statt (aufgrund der Corona-Pandemie nur in einem ganz kleinen Rahmen)
Am 20. Mai („Weltbienentag“) wird nach über 4 Jahren Arbeit innerhalb des ehrenamtlichen Projektes „Blumiger Landkreis Osnabrück“ (http://blumiger-lkos.de) der (nach unserer Kenntnis) Bundesweit erste Blühwiesenkorridor auf einer Länge von 35 Kilometern fertiggestellt (von Melle nach Hagen a.T.W. (Nds.)). Dieser ermöglicht es auch Insekten mit geringen Flugradien, „von Blühwiese zu Blühwiese“ zu fliegen und somit den für eine Arterhaltung wichtigen regionalen Genpool zu stabilisieren.
Auf dann 184 Blüharealen (Gesamtvolumen: 380.000 m²) wurden seit Frühjahr 2017 Blühwiesen geschaffen. Zunächst lokal im Projekt „Blumiges Melle“, im Anschluss dann regional im Projekt „Blumiger Landkreis Osnabrück“.
Die Lage der Blühwiesen und der entstandene Korridor sind unter folgendem Link einsehbar:
http://insektenrettung.de/karte/oltest/dist/pollenversorgung2.html?mlat=915031&mlon=6847523&zoom=12
Insgesamt waren und sind über 1400 Personen aus den unterschiedlichsten Bereichen (Stiftungen, Schulen, Kirchengemeinden, Kommunen, Landwirte, Firmen, JägerInnen, Privatpersonen und Vereine) an der Anlage der Wiesen beteiligt. Der Gesamtaufwand für die Erstellung des Blühwiesenkorridors liegt bei schätzungsweise etwa 9000 Stunden.
Kai Behncke, Projektbetreiber (gUG Umweltschutz und Lebenshilfe) aus Melle: „Es war ein gutes Stück Arbeit, was hier in den letzten Jahren ehrenamtlich geleistet wurde. Es zeigt was in einem Naturschutzprojekt möglich ist, wenn viele Menschen mitanpacken, trotz zuweilen strömenden Regens oder brütender Hitze. Insbesondere möchten wir uns bei den Stiftungen aus dem gesamten Bundesgebiet bedanken, welches dieses Projekt ermöglicht haben. Namentlich hervorheben möchten wir zudem die Unternehmen „Google“ und „CocaCola“. Ein besonderer Dank gilt auch den Umweltämtern der Stadt Melle, Georgsmarienhütte sowie der Gemeinde Hagen a.T.W.. Diese haben ausgezeichnete Arbeit geleistet und eigens angelegte Blühwiesen in den regionalen Kontext des „Blumiger Landkreis-Projektes“ verortet. Positiv hervorheben möchten wir auch die ehrenamtliche Beteiligung vieler Landwirte, welche die regionalen Blühmischungen ausgesät haben. Gemeinsam können wir das Artensterben verlangsamen.“
Innerhalb des Korridor-Projektes wurde und wird ausschließlich regionales und mehrjähriges Saatgut eingesetzt, welches mindestens 40 Arten aufweist. Die Flächen werden für etliche Jahre nicht „umgebrochen“, da 75% der Wildbienenarten ihre Nachzucht im Boden ablegen. Ein- bis zweimal im Jahr werden die Blühwiesen gemäht und das Mahdgut abgetragen. Dieses führt zu einer Ausmagerung der Areale, was wiederum eine natürliche Entwicklung von Wildblumen begünstigt.
Projektbetreiber Karsten Wachsmuth (gUG Umweltschutz und Lebenshilfe): „Gemeinsam haben wir einiges erreicht, dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass hier
letztlich nur eine Symptombehandlung stattfindet. Die aktuelle Landwirtschaft mit Monokulturen, Pestizideinsatz und häufiger Mahd stellt die wesentliche Ursache des Insektensterbens dar. Verantwortlich dafür ist aber weniger der einzelne Landwirt sondern vielmehr die aktuellen Marktbedingungen und das Konsumverhalten von uns Menschen. Wenn wir bereit sind, mehr Geld in ökologisch-nachhaltig produzierte Lebensmittel zu investieren, dann ändern wir die Rahmenbedingungen über den Markt. Eine nachhaltige Anerkennung ökologisch wertvoller Nahrungsmittel muss sich auch durch den eigenen Geldbeutel an der Ladentheke ausdrücken – anders geht es nicht“.
Wissenschaftlich nahezu einhellig wird betont, dass es die Auswirkungen der industriellen Landwirtschaft sind, welche das Insektensterben maßgeblich zu verantworten haben.
Siehe z.B. auch https://www.boell.de/sites/default/files/2020-02/insektenatlas_2020_II.pdf?dimension1=ds_insektenatlas, S. 14
Kai Behncke: „Hätten wir einen Wunsch frei, dann würden wir uns eine finanzgewichtige Förderung einer umweltfreundlich ausgerichteten Landwirtschaft wünschen – als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das könnte das Insektensterben eindämmen – und damit auch das rasant fortschreitende Aussterben vieler anderer Tierarten. Es ist falsch, Landwirte für ihr Wirtschaften an den Pranger zu stellen, wenn gleichzeitig nach billigen Nahrungsmitteln gerufen wird. Eine milliardenschwere Unterstützung der Landwirte – ausgerichtet an einem langfristig-nachhaltigem Umstellungs- und Handlungskonzept, wäre angesichts der Herkulesaufgabe des Artensterbens absolut angemessen.“
Der nach 4 Jahren nun fertiggestellte Blühwiesenkorridor soll in seiner Stufe 1 ermöglichen, dass Insekten über eine größere geographische Distanz von Wiese zu Wiese fliegen können. Dieser Austausch ist elementar, damit sich der Genpool stabilisieren kann. Würden sich Insekten lediglich auf einer „Blühwiesen-Insellage“ aufhalten, so würde dieses zu Inzest, einer Reduzierung der genetischen Vielfalt und somit schlussendlich zum Aussterben von Arten führen.
Dennoch ist zu betonen, dass der „Blühwiesenkorridor“ im Sinne einer Behandlung nur „ein großes Heftpflaster und ein großer Löffel Hustensaft“ sind. Zudem stellt der Korridor eher ein „technisch-theoretisches Konstrukt“ als eine wissenschaftlich fundierte Lösung dar. Die weiteste Entfernung von Wiese zu Wiese liegt aktuell innerhalb des Korridors bei 1600 Meter. Es soll dabei nun nicht vergessen werden, dass viele Insektenarten gerade einmal Flugdistanzen von wenigen Hundert Metern zurücklegen können. Zudem ist bei der Vielzahl der Blühareale ein eigentlich wünschenswertes Monitoring von Flora und Fauna innerhalb des ehrenamtlichen Projektes nicht leistbar.
Mit den Flächeneigentümern der Blühwiesen wurde vereinbart, dass diese ein- bis zweimal im Jahr eine Mahd der Wiesen durchführen (für eine langfristige Biotoperhaltung sind Mahdschnitte notwendig). Nach unserer Kenntnis wird dieses auf ca. 90% der Flächen auch tatsächlich durchgeführt.
Karsten Wachsmuth: „Ein Basisgerüst haben wir alle gemeinsam aufgebaut. Das reicht jedoch noch lange nicht, um das Insektensterben zu stoppen. Wir benötigen noch viele Blühareale mehr, Feuchtbiotope, unbehandelte Gewässerrandstreifen und Totholzhaufen, um das Gesamtgefüge zu verbessern.“
Kai Behncke: „Insbesondere Gewässerrandstreifen sind als „heiliger Gral“ der Artenvielfalt anzusehen, sozusagen das „Tafelsilber der Biodiversität“. Wir freuen uns sehr über die aktuelle Entwicklung, dass viele Landwirte aus dem Landkreis mit dem Umweltforum Osnabrücker Land an den Gewässerrandstreifen gemeinsam an Lösungen für mehr Artenvielfalt arbeiten – ein ganz positiver, ausgezeichneter Weg! Das Insektensterben können wir bezwingen, wenn wir die Probleme gemeinsam angehen und den Blick auf das große Ganze richten.“
Eine Besonderheit des Blühwiesenkorridors ist, dass auf diversen Flächen eine schonende Wiesenmahd durch Ziegen, Schafe und Ponys des Gnadenhofes Brödel (http://gnadenhof-melle.de) stattfindet. Eine Vielzahl von Insekten profitiert von den Hinterlassenschaften von Weidetieren in der freien Natur.
Für eine weitere Arbeit freut sich das ehrenamtliche Projekt „Blumiger Landkreis Osnabrück“ immer über eingehende Spenden: https://www.betterplace.org/de/projects/71760-gnadenhof-broedel-melle-artenschutzprojekt-blumiger-landkreis-osnabrueck
Aktuell wird von einer Reduzierung der globalen Insektenmasse pro Jahr von etwa 2,5% ausgegangen:
https://www.boell.de/sites/default/files/2020-02/insektenatlas_2020_II.pdf?dimension1=ds_insektenatlas, S. 14
Alarmierende Studien in Deutschland sind die 2017 erschienende „Krefelder Studie“ (Rückgang der Insektenmasse in ausgewählten Gebieten Deutschlands um 75% (Zeitraum: 28 Jahre)):
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0185809
sowie eine neuere Analyse der TU München aus dem Jahre 2019 (https://www.nature.com/articles/s41586-019-1684-3).