Nachtrag zu den Klimaklebern und: Endlich wieder Insektenschutz an der Basis!
Geschrieben:

Endlich wieder Arbeit an der Basis: Insektenschutzaktion in Ostercappeln/Venne 😊🦋
Und: Nachtrag zu den Klimaklebern (und dann ist aber auch mal alles gesagt)

Ostercappeln/Venne, Mühleninsel

Einen Teil der Fläche heute gemäht und das Mahdgut von der Fläche verbracht. Ganz wichtig ist die Ausmagerung der Areale, ganz wichtig für verschiedene bedrohte Elemente von Flora und Fauna.
Das Areal an der Straße „Im Diebusch“ ist ein Hotspot für Schmetterlingsarten.

Jedes Mal ist es ein Highlight z.B. das „Landkärtchen“ dort zu sehen (siehe Bilder). Im Landkreis tummel ich mich seit 7 Jahren auf unterschiedlichen Wiesen. Fast 250 Blühwiesen haben wir geschaffen. Ich kenne jedoch nur 4 Areale, an dem diese schöne Art in stabilen Populationen vorkommt.
Das „Landkärtchen“ ist eine ziemlich coole Socke. Im Jahresverlauf haben die Individuen ein unterschiedliches Erscheinungsbild. Es gibt es in der „Sommerausprägung“ und in der „Frühjahrsausprägung“. Sieht komplett und gänzlich unterschiedlich aus (wie man unschwer erkennt, lange wurde gedacht, es würde sich um unterschiedliche Arten handeln).

Mit sehr sehr großer Wahrscheinlichkeit wird die kleine Population des Landkärtchens auch im nächsten Jahr noch hier leben. Die Chancen sind sogar garnicht schlecht, dass sich die Population noch ausdehnt. 😊🥰
Ein Teil der Blühwiese wurde bewusst nicht gemäht. Etliche Insekten überwintern an Halmen und Stängeln.

Ein großes Problem für viele Insekten ist die Verschmutzung des Planeten durch Stickoxide aus dem Verkehrsaufkommen. Mich ärgert das sehr. Gleichzeitig fahre ich selber Auto, bin also ein Teil des Problems. Mittlerweile sind so viele Stickoxide in der Luft, dass Flächen auch ohne Düngung nährstoffreicher werden. Werden diese nährstoffreicher, dann dominieren irgendwann wenige Grasarten. Viele Wildblumen haben keine Chance. Sie bleiben weg. Insekten sterben aus.
Ganz gut ist dieses im folgendem kostenfreien Artikel erklärt:
„5 Jahre Krefeld-Studie: Was hat sich beim Insektensterben getan?“
https://www.spektrum.de/news/5-jahre-krefeld-studie-was-hat-sich-beim-insektensterben-getan/2070240

Zitat:
„Autoverkehr, Industrie und Landwirtschaft stoßen so viel Stickstoff aus, dass auf jeden Hektar Land in Deutschland so viel Dünger allein aus der Luft niedergeht, wie ein Bauer in den 1950er Jahren in Form von Stallmist auf seine Felder brachte. Für die meisten heimischen Pflanzen ist das ein Problem, denn sie sind an karge Bedingungen gewohnt. Wenn man die Flächen sich selbst überlässt, werden diese Hungerkünstler schnell von Pflanzen mit großen Stickstoffhunger verdrängt wie Brennnesseln oder fetten Gräsern. Mit den genügsamen Pflanzen verschwinden die Insekten, die sich auf diese Gewächse spezialisiert haben. Wenn man die Vielfalt der Vielfalt der Flora und Zahl und Artenreichtum der Insekten erhalten will, muss man Naturschutzflächen also »künstlich« mager halten.“

Leider ist es nach wie vor so: Die Reduzierung der Bio-Masse der Insekten wird auf etwa 1% pro Jahr geschätzt….

Bei vielen Blühwiesen im öffentlichen Raum ist das „Erscheinungsbild“ ein Thema. Auch in Venne gab es immer mal wieder kleinere (aber sehr nette) Diskussionen mit Anrainern. Auf sehr angenehmem Niveau. Zwar ging es auch immer um „visuelle Ordnung“ und „optische Sauberkeit“, gleichzeitig aber auch um Pollen- und Nektarvolumen von Pflanzen und Stauden, die Entwicklung der Arten, die Möglichkeiten ihnen zu helfen. Letztes Jahr haben wir nach der Diskussion sogar gemeinsam Eis gegessen
🙂

Mittlerweile bringe ich den beiden Anrainern bei jedem Venne-Besuch ein Pflänzchen mit. Heute z.B. einen Setzling, dessen Wurzeln mit Trüffelsporen geimpft sind. Auch auf diesem Wege kann man Diskussionen führen, sich austauschen und gemeinsam eine Lösung für Herangehensweisen für mehr Artenvielfalt finden. Wenn Menschen gegenseitig diskussions- und kompromissbereit sind macht das sogar noch Spaß :-)🙃

Ja, ich ärgere mich gesamtgesellschaftlich über die Art und Weise wie mit unserem Planeten umgegangen wird. Die Verschmutzungen stoßen mir übel auf.
Zu den Klimaklebern wurde landauf-, landab, und auch von hier in der letzten Woche, viel viel geschrieben. Ein bisschen verstehen kann ich durchaus auch, dass sich Menschen über die Klimakleber ärgern. Diese Protestform ist irgendwie, sagen wir mal, nicht so richtig genial. Ich kann verstehen, wenn Menschen das als Nötigung sehen. Ich kann verstehen, wenn Menschen davon genervt sind und ich kann verstehen, wenn Menschen sagen, dass diese Protestform der Klimabewegung schadet. Auch zählt das Argument, dass man ja nicht unbedingt Bilderrahmen beschädigen muss. Okidoki, alles nachvollziehbar.

Grundsätzlich muss gesagt werden: Diese Formen des Protestes sind ein Ausdruck zivilen Ungehorsams. Ziviler Ungehorsam ist im Rechtssystem von Demokratien klar geregelt. Er wird juristisch sanktioniert. Wer diese Protestformen betreibt, der kann zu hohen Geldstrafen oder auch mit Freiheitsentzug bestraft werden (genau das passiert ja aktuell auch in Deutschland mit den „Klimaklebern“).
Ziviler Ungehorsam ist eine Stärke von Demokratien. Das müssen diese aushalten können, sonst sind sie irgendwie wie Katar.
Ein sehr schöner Beitrag dazu in der Zeit:
https://www.zeit.de/campus/2022-11/luetzerath-raeumung-protest-kohle?utm_referrer=https%3A%2F%2Fgetpocket.com%2Frecommendations

Ziviler Ungehorsam wurde z.B. für die Abschaffung der Sklaverei ausgeübt. Für den Kampf von mehr Bürgerrechten der farbigen Menschen (z.B. nach dem nicht in Worte zu fassendem Schicksal von Emmet Till, https://de.wikipedia.org/wiki/Emmett_Till, Rosa Parks, Martin Luther King). Das Frauenwahlrecht wurde durch zivilen Ungehorsam erstritten. Gandhi hat diesen angewandt.
In der Geschichte der Bundesrepublik war ziviler Ungehorsam gleichfalls immer ein legitimes Mittel (welches ggf. juristisch sanktioniert wurde).
Anti-Atomkraft, die APO, und und und. So sind die Spielregeln!

Wem das nicht gefällt, der muss halt die Spielregeln ändern (Einzelne Personen von CSU und FDP versuchen das gerade, ich finde das völlig und absurd falsch!), oder nach Katar ziehen…

Was ich nicht verstehen kann ist die unverhältnismässig überbordende Empörung über die Aktivist:innen, die Vergleiche mit der RAF empfinde ich als völlig und komplett lächerlich (Alexander Dobrindt von der CSU hat im Geschichtsunterricht offenbar nicht gut aufgepasst, oder diesen gleich komplett geschwänzt), und ich kann nicht verstehen, dass sich über eine „Protestverpackung“ so massiv aufgeregt wird, das Erregungsniveau über den Zustand des Planeten (oft) von selbigen Personen oft einem Achselzucken gleicht (Neeee…ist auch nicht gut, kann man aber nichts machen…🤷‍♂️).

Die Klimaerwärmung wird ihre eigene Terrororganisation sein, nur leider kann man nicht mit ihr verhandeln. Sie arbeitet nach dem Motto: „Gewarnt wurde genug! Jetzt ist Zahltag! Und nächstes Jahr nochmal, und dann nochmal…..und so weiter….).

Manchmal diskutiere ich nur so zum (zweifelhaften) Spaß in Foren von Fridays for Future oder „Der letzten Generation“. Ganz klar muss gesagt werden: Es gibt dort Angreifer/innen, denen es garnicht um Argumente geht. Es gibt tatsächlich einen Teil der Gesellschaft, der nicht bereit ist, sich den Anforderungen der Klimaveränderung zu stellen und der noch nicht mal ansatzweise bereit ist, bestehende Verhaltensweisen und Lebensformen zu hinterfragen, ja noch nicht einmal zu diskutieren!

Da kann man dann leider nichts machen.
Diese Menschen werden brutal verlieren. Und wenn sie auf dem Weg der Veränderung nicht mitgenommen werden können, dann bleiben sie halt zurück.

Gleichzeitig fängt ENDLICH !! ein Diskurs an, der sich mit den vielen vielen Ursachen der Klimaerwärmung auseinandersetzt. Hat lange gedauert und nach wie vor ist die Empörung über die „Protestverpackung“ (leider) viel größer als die Empörung über die „Protestursachen“, doch es kommt etwas in Bewegung.
Die Umweltverbände und die Evangelische Kirche haben sich hinter die Klimakleber gestellt:
https://taz.de/Umweltverbaende-hinter-Klimaaktivismus/!5894768/

Ein wichtiges Zeichen!

Und auch in den sozialen Netzwerken wird wild über die Ursachen diskutiert. Das ist gut!
Der Prozess der Klimaerwärmung wird lang und schmerzlich sein. Lang geglaubte Weisheiten lösen sich auf. Alles verändert sich. Aber besser jetzt über Ursachen und Lösungswege gegen die Klimaerwärmung diskutieren (und sich trefflich streiten, Streit ist keine Schande) und entsprechend handeln, als sich fortwährend über das Verpackungsmaterial (die Form) der Proteste aufzuregen.

Naja, und vor allen Dingen: Handeln, aktiv werden! Einsparen!
Bäume pflanzen ist super, wird als Lösung jedoch nicht mal ansatzweise reichen! Da muss einfach mehr kommen. Ob es uns Menschen nun passt oder nicht.